Ab heute bin ich leider wieder alleine unterwegs. Es schneit wie verrückt und aufgrund des Wetters öffnet der Sessellift erst um 10:30 Uhr. Ich finde mich mit Muschi und Thomas – einem deutschen Gast pünktlich am Sessellift ein. Ich habe Glück und Thomas bricht gleich am Sessellift seine Bindung, somit fahre ich heute mit Muschi alleine. No friends on Powder days*chch*

Auf knapp 4.000 Meter wütet ein grausamer Schneesturm. Und auch wenn wir fast blind durch frische 30 cm Powder pflügen, macht einen Riesen Spass. Vor allem weil Muschi natürlich als Erster noch weniger sieht als ich, er aber trotzdem seinen Kamikaze-Fahrstil nicht ändert. Deshalb schlägt er bei jedem zweiten Hügel einen Salto vorwärts dass es nur so staubt. Und jedes Mal, wenn er aus der Staubwolke wieder auftaucht, ist sein Grinser noch größer.

There is no bad weather .. oder so

Nach 5 Abfahrten ist der Wind so stark , dass der Betrieb eingestellt wird. Ehrlich gesagt bin ich fast froh, weil es mittlerweile zusätzlich zum Blizzard auch noch Blitzt und Donnert. Irgendwie war es noch nie mein Wunsch im Himalaya zu erfrieren und deshalb brechen wir den Skitag ab. Mein Vorschlag uns in der Hütte an der Mittelstation zu wärmen fand bei Muschi auch keinen Anklang, weil das Restaurant zwar ein Dach hat, aber auf 3 Seiten offen ist.

You´r not hardcore unless you live hardcore. Bis wieder einer weint.

Den Rest des Nachmittages nutze ich, um ein wenig das Dörfchen Gulmarg zu erkunden. Gulmarg entstand noch unter den Briten als Feriendomizil für reiche Inder. So entstanden hier recht schöne Unterkünfte, ein großer Golfplatz und schließlich eben auch eine Gondelbahn. Erst 1996 mit Ende des Krieges lebte der Tourismus hier allerdings auf und es begann sich ein Skiort zu entwickeln. Es war ein großer Umbruch, erzählt Muschi. Seine Generation – er ist jetzt 25 Jahre alt – wusste nicht, dass es außer Kaschmir noch etwas anderes auf der Welt gab. Sie sind während des Krieges mit Pakistan aufgewachsen und nie irgendwo anders gewesen, geschweige denn wussten sie irgendetwas über den Rest der Welt. Da wird man dann schon ein bisschen nachdenklich und sieht Dinge auf eine ganz andere Weise.

Kaschmir unterscheidet sich in vielen Belangen vom typischen Indien. Die Menschen sehen hier anders aus, und die Bauweise ist eine völlig unterschiedliche. Hier wird hauptsächlich mit Holz gebaut, wobei in vielen anderen Regionen Indiens mit Stein gebaut wird. Bei meinem Spaziergang durch Gulmarg überrascht mich, wie viele Kaschmiri hier Ski fahren. Es gibt 2 Anfängerhügel mit Schleppliften. Hier tummelt sich die halbe Ortschaft auf uralten Skiern und haben eine Mordsgaudi.

Golfplatz von Gulmarg. Im Winter zum Anfänger-Skihügel umfunktioniert.

Das zweite Große Hobby scheint das Rodeln zu sein. Die Rustikalen Holzschlitten werden sowohl zum Spaß, als auch zur Fortbewegung und zum Transport genutzt.

Vielfältige Transportmöglichkeiten in Gulmarg. Enweder man nimmt sich ein Rodeltaxi, oder man hängt sich einfach an ein Auto an.
Und auch wenn man sich vom Auto ziehen lassen will, gilt das Gesetz der natürlichen Auslese. Bis du zu schwach, wirst du zurückgelassen. *chch*

Auf meinem Spaziergang entdecke ich noch ein paar weitere Kuriositäten.

Kann bitte mal wer den Strom einschalten?
Ich lass mich doch hier nicht zum Affen machen – die Schneeaffen von Gulmarg.

Meine kleine Runde geht weiter ins Khyber Hotel. Es ist das luxuriöseste Hotel in Gulmarg. Generell liegen fast alle Hotels außerhalb der Ortschaft, da diese im groben Rund um den Golfplatz angelegt sind. Vom Ort ist man also in etwa 10 Minuten entfernt – so auch im Kyhber Hotel. Das Hotel ist mit 80 Zimmern schon recht groß und zwar mit viel traditionellem Einfluss, aber doch auf höchstem Standard erbaut. Wellnessbereich, Hallenbad und Fitnessraum dürfen da natürlich auch nicht fehlen.

Die Lobby im Kyber Hotel.

 Das Fitness-Center und eine Sauna vermisse ich in meinem Hotel ein wenig. Ich wohne im Hotel Highlands Park, auch einem Hotel der gehobenen Klasse, jedoch mit völlig unterschiedlichem Konzept. Alle Gebäude sind hier in traditioneller Holzbauweise mit Eisenofen in jedem Zimmer. Ich finde das superurig und gemütlich. Der Ofen jedoch ist auch die einzige Wärmequelle. Dieser Ofen wird immer vom Personal beheizt, das heißt aber auch, dass immer wieder mal jemand ins Zimmer kommt, um Holz nachzulegen. Das kann dann auch mal stören, wenn man sich gerade für ein kurzes Nickerchen hingelegt hat oder sonst halt seine Ruhe haben will. Ansonsten bin ich von diesem Hotel begeistert. Es spiegelt perfekt die Kultur wieder, hat Flair, das Essen ist gut und in der Bar treffen sich am Abend die Freerider auf ein, zwei, mehrere Bierchen.

Die traditioell-gemütliche Bar im Highlands Park Hotel.

 Zum Abendessen treffe ich mich schließlich noch mit Billa und Katrin von Kaschmir Heliskiing, die hier in Gulmarg ein kleines, familiäres Heliski-Unternehmen betreiben. Billa erzählt von den Anfängen als er entgegen aller Vernunft und mit großen Schwierigkeiten seinen Traum einer Heliski-Firma verwirklicht. Mit nur 2 gebuchten Gästen startete er 2011 in die erste Heliski-Saison. Sein Handwerk hat er bei den neuseeländischen Heliski-Unternehmen erlernt, wo er auch seine Ausbildung absolvierte. Und als er dort sah, wo dort Heliski gefahren wird, dachte er sich: „Da habe ich die viel besseren Berge“. Mit einer bewundernswerten Leidenschaft hat er es geschafft, ein tolles Unternehmen auf die Beine zu stellen, dass jedem internationalen Vergleich locker standhält. Man muss sich nur ein bisschen auf die hiesige Mentalität einlassen und akzeptieren, dass es hier etwas andere bürokratische Hürden und Gepflogenheiten gibt. Katrin ist seine Freundin und kümmert sich um die Abwicklung und die Organisation. Anfangs – sagt Billa – hatte er seine E-Mail Adresse vielleicht einmal im Monat abgerufen. Das Skifahren war einfach wichtiger. Jetzt ist dieser Bereich durch Katrin sozusagen fest in deutscher Hand und wird auch entsprechend professionell abgewickelt.

Den Abend lassen wir gemütlich mit Kaschmiri Tee mit Rum ausklingen und ich freue mich schon auf den morgigen Tag. Denn am Abend beim Schlafengehen leuchten die Sterne vom wolkenlosen Himmel.

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