Die Ereignisse überschlagen sich!

Inmitten der Nacht werde ich von starkem Regen geweckt. Negeh – ned scho wieder. Ich wälze mich im harten Bett. Der Grund ist klar. Statt auf einem Lattenrost liegt die Matratze auf einer alten Türe. Na wenigstens die Türschnalle haben sie entfernt. Trotzdem – mein Ellbogen schmerzt fürchterlich und gestern habe ich mir bei einem Sturz auch noch die Bänder im linken Ringfinger gerissen. Ich überlege mir Schmerzmittel einzuschmeissen, verzichte dann aber doch.

Noch  schlechter jedoch geht es meinem gebrechlichen alten Freund Peter „der große Nesut“ Nesuta. Er ist im gestrigen Rennen irgendwo gestolpert und hat sich vermutlich an einem Grashalm die Rippen geprellt, um sich dann im örtlichen Krankenhaus ein Röntgenbild zu holen, das jedoch eher an eine abstrakte Wandmalerei erinnerte. Für ihn ist das Rennen zu Ende und er wird sich in den nächsten Tagen ausschließlich seinen Groupies und dem luftgefederten Beifahrersitz des Support Vehikels zuwenden können.

Da auch der dritte Fahrer unserer Bande – Niki Stelzmüller – bereits aus dem Rennen ist, kann sich die Crew um Erich Brandauer und Mex Stundner nun ausschließlich meinen Bedürfnissen widmen. Und so verabschieden sie sich nach dem Frühstück mit den Worten „du brauchst uns eh ned, gö?“ in Richtung Petrosani – dem nächsten Etappenziel.

Alleine zurückgelassen mache ich mich auf den Weg zum ca. 15 Kilometer entfernten Startpunkt der heutigen Etappe. auf dem Plan stehen über 130 km hartes Offroad. Es scheint der schwierigste Tag des Rennens zu werden.

Kurz vor dem Start bemerke ich zwei folgenschwere Fehler. 10 Minuten vor meiner Startzeit fällt mir auf, dass ich noch nicht vollgetankt habe und mein Tank nur knapp über Reserve ist. Was tun? Noch eine Tankstelle suchen und Strafzeit für zu spätes Starten kassieren, oder riskieren es nicht bis zum ersten Tankpunkt auf der Strecke zu schaffen, was wahrscheinlich das Ausscheiden bedeuten würde.

Streng gemäß meiner Philosophie „Ageh, wos soll denn scho sein? S´is oiwei no gangen.“ mach ich mich mit nahezu leerem Tank auf den Weg.

Der Tag beginnt gleich knackig. Schwere, nicht enden wollende Auffahrten durch Schlamm, Geröll und Bäche versprechen einen harten Kampf ab der ersten Sekunde des Rennens.

Entschädigt wird man jedoch von grandiosen Aussichten auf die wunderbare Rumänische Landschaft.

Zwei größere Staus in der Anfangsphase halten mich ein bisschen auf. Ich achte penibelst darauf, dass ich Sprit spare und den Motor nicht unnötig laufen lasse oder Sprit verliere. Teilweise wird wirklich hart um jeden Meter gekämpft.

Bergab wird ohne Motor gerollt und der Benzinhahn geschlossen. Kurze Flachetappen zwischen den Abfahrten schiebe ich.

Nicht nur sprichwörtlich rolle ich abwärts durch ein Bachbett mit dem letzten Tropfen Sprit zur ersten Tankstation. Mir fällt ein großer Stein vom Herzen.

Die Strecke ändert sich kaum. Heute gibt es keine schnellen Etappen zum Kilometerfressen. Endlose, schwierige Auffahrten wechseln sich mit ebenso fordernden Abfahrten ab. Fährt man bergauf wünscht man sich, dass es doch endlich wieder bergab gehen würde. Gehts bergab kann man die nächste Auffahrt nicht mehr erwarten.

Allein manche Abfahrt zu bewältigen (aufgrund der Steilheit oft nur schiebend) dauert bis zu 45 Minuten), fordert höchste Konzentration und ist ein guter Test, ob man in der Vorbereitung genügend Liegestütz gemacht hat. Wieviele man machen sollte? Alle!

Den Service Point in der Rennhälfte erreichte ich bereits ziemlich gezeichnet und die zweite Rennhälfte soll noch schwieriger werden. Wie schon so oft beginnt aber gerade in diesen fast aussichtslosen Situationen mein Körper erst richtig zu funktionieren. Den Serpentinenweg nach dem Servicepoint nehme ich mit Leichtigkeit. Im darauffolgenden Sumpf schwindet die Euphorie aber kurzfristig wieder, bevor es wieder in die grandiosen Hochebenen geht. Dort wartet als Belohnung wieder eine wunderschöne Almwiese mit Traumaussicht auf das Umland.

Das Fahren am Nachmittag ist der pure Genuss. Das Wetter perfekt, die Strecke anspruchsvoll mit vielen Passagen zum genießen. Ich bin im sogenannten Flow. Alles fließt, alles funktioniert. Trotzdem aber in jeder einzelnen Minute anstrengend. Es gibt kaum Passagen zum Rasten.

Und hier bemerkte ich meinen zweiten Fehler des Tages. Ich habe die Speicherkarte meiner Gopro nicht gelöscht und diese ist jetzt voll. Da es hier sowieso so schön idyllisch ist und ein Päuschen auch nicht Schaden kann, bleibe ich ein paar Minuten stehen, genieße die Aussicht und lösche ein paar Daten von der Kamera. (fehlt mir diese Zeit am Ende des Tages?)

Der letzte Checkpoint wird passiert und nur noch zwei harte Anstiege fehlen bis zum verdienten Zieleinlauf im Bergwerk von Petrosani.

Die letzte Abfahrt verlangt noch einmal alles von mir ab. In der Zwischenzeit hat starker Regen eingesetzt und der Weg ist schlammig und rutschig. Ich lass es trotzdem zischen, denn ich weiß dass mir die Zeit ausgeht.

Bis zum finish in der Fabrik verfahre ich mich noch 2x kurz und helfe noch kurz einem anderen Fahrer bei einem Motorenproblem an seinem Motorrad.

Dann geht es aber endlich zum spektakulären Zielgelände, wo das Dach einer alten Fabrik erklommen werden muss.

Nach 8 Stunden und 10 Minuten beende ich den heutigen Tag als 72ter. Leider 10 Minuten über der geforderten maximalzeit, was mir eine Strafzeit von 4 Stunden und 35 Minuten einbringt.

Die Rumänninen sind trotzdem begeistert und bewerfen mich jubelnd mit vollen Red Bull Dosen. Ein paar Sekunden später bemerke ich, dass die Mädls nicht wegen mir, sondern wegen dem herannahenden Gewitter gekreischt haben.

Was für ein phantastischer Tag. Genau für diese Tage habe ich mich für dieses Rennen angemeldet. Fahrerisch, konditionell und mental war ich heute extrem gefordert, habe jedoch alle Prüfungen gemeistert und war mehr als zufrieden mit mir selbst. Getrübt hat die Freude jedoch die Tatsache, dass ich nach 8 Stunden Kampf um lächerliche 10 Minuten zu spät im Ziel war. Da es ein Streichresultat gibt war das Rennen aber noch nicht vorbei. Morgen jedoch muss ich innerhalb von 8 Stunden das Ziel erreichen.

Aktueller Stand: Rang 82 im Gesamtklassement von 165 Startern. Ich arbeite mich stetig nach vor.

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